Unser besonderes pädagogisches Interesse

Wer in Deutschland eine Schule gründen will, kann dies entweder aus einem weltanschaulichen/konfessionellen Interesse oder aber aus einem besonderen pädagogischen Interesse heraus tun. Wir als Naturschule Reutlingen verstehen uns als weltanschaulich offen und haben in unserem pädagogischen Konzept dementsprechend unser besonderes pädagogisches Interesse begründet, mit dem wir im April diesen Jahres unseren Antrag auf die Genehmigung einer Grundschule eingereicht haben.

Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

Grundrecht Artikel 7 Absatz 5 des Grundgesetzes

Unsere drei besonderen pädagogischen Interessen sind die Resonanzpädagogik, der Lernort Natur und MINKT. Diese wollen wir im Folgenden kurz vorstellen.

Resonanzpädagogik

Wir verstehen Lernen als Lernen in Beziehung und auf Augenhöhe in einem Umfeld des Vertrauens. Das ermöglicht den Schüler*innen, sich mit ihren Ideen, Interessen und Fragen zu öffnen und selbst mit der Welt in Beziehung zu treten, also „sich die Welt anzuverwandeln“.

Der Begriff der Resonanzpädagogik wurde von dem Soziologen Hartmut Rosa geprägt und meint eben dieses In-Beziehung-Treten mit der Welt. Unsere Schule versteht sich als Resonanzraum, in dem Kinder in ihrem Selbst wahrgenommen und gewürdigt werden. Ein Raum, in dem sie sich selbst als wirksam erleben und motiviert bleiben, die Welt zu entdecken und selbst Anteil an ihr zu nehmen. 

In der Resonanzpädagogik dienen Wissen und Kompetenzen als Werkzeuge, um selbst Beziehungen zu Inhalten herstellen zu können. Lernen findet dabei in einer angstfreien Umgebung statt, in der sich alle Beteiligten öffnen können. Die Voraussetzung für gelingende Resonanzbeziehungen sind Selbstwirksamkeitserfahrungen, intrinsische Motivation und gleichwürdige Beziehungen zwischen Lernbegleiter*innen und Schüler*
innen.

Vor allem in einer Welt, in der Informationen unübersichtlich sind und sich stets verändern ist es für Kinder und Jugendliche essentiell, selbst intrinsische Interessen entwickeln und Weltbeziehungen aufbauen zu können. Dies ist nicht nur die Grundlage für lebenslanges Lernen, sondern auch für Anpassung und Mitgestaltung einer sich schnell und ständig veränderten Welt.

Lernort Natur

Ein besonders wichtiger Resonanzraum ist für uns Menschen die Natur. In ihr erfahren wir Weltbeziehung mit allen Sinnen. Wir sind davon überzeugt, dass das unmittelbare Erleben der Natur ein menschliches Grundbedürfnis darstellt, welches vor allem im städtischen Kontext meist nicht ausreichend gestillt werden kann. Wenn wir gesund leben und uns entwickeln wollen, dürfen wir unsere Beziehung zu der Natur nicht außer Acht lassen, sondern müssen sie in unseren Alltag integrieren.

Die zunehmende Naturentfremdung hat insbesondere für Kinder Folgen, wie zahlreiche Studien belegen (nachzulesen in unserer Konzeption). So gehen mit ihr oft z.B. Bewegungsmangel einher, Motivation und Selbstregulation sinken, das Risiko einer Kurzsichtigkeit wächst, das Immunsystem ist geschwächt.

Doch Draußenlernen hat nicht nur direkten Einfluss auf unser körperliches und psychisches Wohlbefinden. Durch das Lernen im Freien können auch unterschiedliche Intelligenzformen wie räumliche, musische, sprachliche, logisch-mathematische, emotionale Intelligenzen angesprochen werden.
Zudem werden nicht nur die Lerntypen, die gut auswendig lernen und lange und ruhig sitzen können, unterstützt, sondern auch die Lerntypen, die Bewegung, Nebengeräusche und Gruppen zum Lernen brauchen.

Das Draußenlernen ist in Deutschland bisher jedoch hauptsächlich im Vorschulbereich, in Wald- oder Naturkindergärten etabliert. In Schulen ist es überwiegend die Ausnahme und findet im Rahmen von Projekten oder Exkursionen statt. Wir möchten deshalb in unserer Schule, wann immer es möglich ist und das Lernen es anbietet die Natur als Lernort nutzen. Die Unterrichtszeiten draußen bilden dabei keinen Gegenpol zum Lernalltag drinnen, sie bedingen und ergänzen sich wechselseitig. 

Auch unsere Standorte bieten ideale Voraussetzungen für das Lernen in der Natur, denn im angrenzenden Wald und auf dem weitläufigen Schulgelände kann Natur intensiv erlebt werden. Der Kontakt mit der Natur und ihren Elementen ermöglicht, eine Vertrautheit mit und eine Beziehung zu ihr aufzubauen, sie zu schätzen und zu schützen.

MINKT

Das Lernen in der Natur stellt für uns keinen Widerspruch zum Verständnis und dem Umgang mit Technik und Informatik dar. Die Natur bildet eine Vorlage für viele Erkenntnisse und Errungenschaften in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Sie bietet eine unerschöpfliche Quelle für die Künste. Unser Schwerpunkt liegt im MINKT Bereich auf informatischer Bildung und den Künsten, wenngleich wir alle MINKT Fächer berücksichtigen.

Digital Literacy, also die Fähigkeit des mündigen Umgangs mit Informationen, Medien und  Technologie ist kein Selbstläufer. Denn auch wenn unsere Kinder ein einer digitalisierten Welt aufwachsen, sind sie  nicht automatisch „Digital Natives“. Informatorische Bildung wird jedoch in der Regel auf die Nutzung digitaler Medien verkürzt. Unser Anspruch geht darüber hinaus. Schüler*innen sollen Informatikkonzepte begreifen lernen und sich so die neue Kulturtechnik des 21. Jahrhunderts aneignen. Nur so können sie selbstbestimmt gestaltend in einer zunehmend digitalisierten Welt leben, ohne der Technik als bloßer Konsument ausgesetzt zu sein.

Aber auch die Künste haben bei uns zentrale Bedeutung. Denn Kreativität und Gestaltungskraft wird immer mehr zum (Über-)Lebensmotor Sie ist die Grundfähigkeit für problemlösendes Denken, auch in mathematischen und informatorischen Fragestellungen. Dabei bieten wir ein breites Spektrum an Künsten an und lassen auch zu, dass sich künstlerische Prozesse spontan entwickeln.

Wichtig ist uns dabei, dass wir die Künste nicht als Hilfsmittel für MINT Konzepte instrumentalisieren, sondern dass Kreativität und Schöpfungskraft einen eigenen Wert haben und Selbstzweck sind. Es geht uns nicht darum, dass die Kinder nach Auftrag irgendetwas produzieren, sondern, dass sie künstlerische Tätigkeiten selbst mitbestimmen und gestalten. Das kann in sehr individuellen, aber auch in Gruppenprozessen geschehen.

Wir hoffen, der Einblick in unser besonderes pädagogisches Interesse hat dir gefallen. Sollten wir dein Interesse geweckt haben, schreibe uns gerne an kontakt@naturschule-reutlingen.de !

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